Statussymbol Stress: Warum "busy sein" nicht erstrebenswert ist

Dauergestresst und stolz darauf? Chronischer Stress ist kein Statussymbol, sondern der Gesundheitskiller unserer Gesellschaft. Warum es Zeit ist, Stress neu zu denken, was du dagegen tun kannst und wie Du richtig mit Stress umgehst, lernst Du in dieser Blogreihe. Wir beginnen bei den Basics und schauen uns an, warum Stress ein großes gesellschaftliches Problem ist.

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Tobi Wall

8/25/20252 min read

people sitting on chair with brown wooden table
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Stress - die stille Pandemie

Stress ist längst zu einer stillen Pandemie geworden. Anders als akute Krankheiten zeigt er keine klaren Symptome, sorgt nicht für Schlagzeilen und ist doch allgegenwärtig. Schätzungen zufolge stehen heute 70 bis 90 Prozent aller Arztbesuche in direktem Zusammenhang mit Stress – oder mit dessen unzureichender Verarbeitung. Damit gehört Stress zu den größten Gesundheitsproblemen unserer Zeit.

Besonders gefährlich sind chronische Stressoren: wiederkehrende oder dauerhafte Belastungen, die auf den ersten Blick unscheinbar wirken. Ein voller Terminkalender, permanente Erreichbarkeit, unterschwellige Konflikte oder finanzielle Sorgen – einzeln betrachtet erscheinen sie oft banal. Doch über Wochen, Monate und Jahre summieren sie sich zu einer unbemerkten Dauerlast. Das Tückische: Man spürt sie meist erst dann, wenn Körper und Psyche längst ausgezehrt sind.

So wirken chronische Stressoren wie ein leiser, aber stetiger Strom, der unsere Energiereserven Tag für Tag abschwächt. Sie greifen unser Immunsystem an, verschlechtern Schlafqualität und Konzentration, begünstigen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen und Burnout. Kurzum: Was harmlos wirkt, ist in Wahrheit ein schleichendes Gift – subtil, unsichtbar und ununterbrochen wirksam im Hintergrund.  

Stress als ehrenabzeichen

Und wie reagieren wir gesellschaftlich darauf? Wie so oft: höchst skurril. Wir haben begonnen, Stress zu glorifizieren. Vielbeschäftigt zu sein, gilt als Ehrenabzeichen. Wer ständig „unter Strom“ steht, signalisiert Bedeutung, Unverzichtbarkeit und Leistungsbereitschaft. Wir sehnen uns nach Anerkennung, nach dem nächsten „Ohne dich wären wir verloren“, und wir verwechseln permanente Erreichbarkeit mit echtem Wert.

In einem oft monotonen Alltag suchen wir nach Sinn und Bedeutung – und finden sie paradoxerweise darin, uns mit Aufgaben zu überladen. Wir wollen wichtig sein, uns das Label „unersetzlich“ voller Stolz an die Brust heften. Doch welchen Preis zahlen wir dafür? Wie oft können wir unseren Körper mit Lob betanken und dabei die Warnsignale ignorieren, bis der Tank ein Leck bekommt?

Wir verhalten uns, als sei Dauerstress ein Statussymbol, ein Zeichen von Erfolg. Doch die Wahrheit ist: Was wir als Stärke inszenieren, ist in Wirklichkeit eine Schwäche – ein System, das uns langfristig krank macht. Statt Stress zu feiern, sollten wir uns fragen, warum wir ihn so dringend brauchen, um uns wertvoll zu fühlen. Denn nichts ist weniger erstrebenswert, als sich selbst für Anerkennung aufzureiben - ohne jemals am Ziel anzukommen.

Stress lässt sich nicht vermeiden, aber gestalten

Doch es gibt auch gute Nachrichten: So muss es nicht bleiben. Wir sind dem Stress nicht hilflos ausgeliefert – wir können etwas tun. Wir können chronischen Alltagsstress erkennen, aktiv gegensteuern und Sofortmaßnahmen ergreifen, die unsere Lebensqualität deutlich verbessern. Und nein: Dafür müssen wir weder Mönche werden, noch ins Kloster ziehen oder täglich sieben Stunden „Feel-Good-Meditation“ praktizieren. Im Gegenteil: Die Lösungen sind erstaunlich simpel – und genau darum soll es in dieser Blogreihe gehen.

Wir stellen uns die Frage: Wie können wir den Gesundheitskiller Stress neu denken? Welche Formen von Stress begegnen uns im Alltag? Welche davon sind gefährlich, welche vielleicht sogar nützlich? Und vor allem: Mit welchen kleinen Routinen, Handgriffen und Perspektivwechseln können wir Stress reduzieren, ohne gleich unser ganzes Leben auf den Kopf stellen zu müssen?

Das Ziel: realistisch bleiben. Wer glaubt, er könne ein völlig stressfreies Leben führen, irrt. Dafür sind wir – und die Welt, in der wir leben – nicht gemacht. Aber was wir sehr wohl in der Hand haben, ist der Umgang mit Stress. Wie wir reagieren, wenn er auftritt. Wie wir ihn bewerten. Welche Haltung und welche Strategien uns helfen, selbst schwierige Situationen gelassener und gesünder zu meistern. Genau hier liegt der Schlüssel – nicht in der Illusion eines stressfreien Lebens, sondern in der Fähigkeit, Stress wirksam zu begegnen.