T-Shirts, Kalendersprüche und die Realisation, dass "niemand kommt"

"Niemand wird kommen". Was wie eine düstere Zukunftsversion klingt, kann zu einem motivierenden Lebensleitsatz umgewandelt werden. Und dafür genügt meist schon ein kurzer Perspektivwechsel und der passende persönliche Bezug.

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Tobi Wall

8/18/20242 min read

a man riding a skateboard down the side of a ramp
a man riding a skateboard down the side of a ramp

Ob es am Alter liegt, weiß ich nicht, aber in letzter Zeit stechen mir T-Shirt-Sprüche immer häufiger ins Auge. Die Bandbreite, die einem bei genauerer Betrachtung da entgegenschlägt, ist beeindruckend. Von "Ich bin nicht faul, ich bin im Energiesparmodus.", über "Ich bin nicht alt, ich bin ein Klassiker.", bis zu "Keine Angst vor dem Hund, aber vor dem Besitzer müssen Sie sich in Acht nehmen", im Prinzip ist für jeden Spruchfetischisten etwas dabei.

Ich habe mich in der Vergangenheit nie wirklich mit solchen Sprüchen identifizieren können. Weder mit den zuvor genannten humoristisch angehauchten noch mit Pseudo-Kalenderweisheiten wie "Sei einfach du selbst, das ist immer der richtige Weg.", "Wenn du es träumen kannst, kannst du es auch erreichen.", "Folge deinem Herzen, und du wirst nie falsch liegen.", oder "Das Universum hat einen Plan für dich." – Mal ehrlich: das Universum kümmert sich einen Scheiß.

Was mir bei all diesen Sprüchen immer gefehlt hat, war ein persönlicher, individueller Bezug. Ein Bezug zu mir, zu meinem Leben, zu meinen Lebenssituationen. Im Alter und mit zunehmender Lebenserfahrung ändert sich das. Man gewinnt neue Blickwinkel hinzu, die dazu führen, dass sich einige dieser Kalendersprüche absurder anfühlen als jemals zuvor. Andere hingegen haben das Potenzial ihren Status „Kalenderspruch“ gegen den Status „Lebensleitsatz“ zu tauschen. Für mich persönlich haben sich zwei dieser Sprüche fundamental in meinem Leben etabliert.

Da wäre zunächst „Niemand wird kommen.“. Was auf den ersten Blick wie eine niederschmetternde Nachricht klingt, ist auf den zweiten Blick eine für mich unwiderrufliche und tief verwurzelte Grundwahrheit. Zu oft warten Menschen auf den „richtigen“ Zeitpunkt. Die richtige Situation, um ein Thema anzusprechen, den richtigen Job um erfüllt zu sein, das richtige Jahr um eine Diät zu starten, den richtigen Partner um glücklich zu sein. Das Ergebnis: Sie warten vergebens. Jahre vergehen und nichts passiert. Man klammert sich an einer niemals eintretenden Zukunftsvision fest und tröstet sich mit der Vorstellung, dass man „irgendwann doch auch mal an der Reihe sein muss“. Die harte Realität: dem ist nicht so. Denn wir leben nicht in einem Happy End Hollywood-Film, haben aber durchaus das Potenzial uns ein ebensolches Skript selbst zu schreiben.

Und die Erinnerung das „niemand kommen wird“ kann genau die mahnende Motivationsspritze sein, die benötigt wird, um endlich Verantwortung für sich selbst zu übernehmen und zu starten. Der richtige Zeitpunkt ist immer genau der Moment, in dem man sich dazu entscheidet loszulegen.

Natürlich kann dieses Loslegen beängstigend sein und eine lähmende Wirkung haben. Denn je nach individueller Ausgangslage steht man einer schier unendlich wirkenden Mauer an To-dos gegenüber. So viele Aufgaben, so viele Ansätze, dass die Entscheidung, wo und wie genau man beginnen soll schwer wiegt. So schwer, dass man es lieber ganz bleiben lässt, bevor man mit der „falschen“ Sache startet.

Und genau an dieser Stelle kommt für mich persönlich ein zweiter Lebensleitsatz ins Spiel, der das Wesentliche zusammenfasst, wenn man die Angst verspürt im Chaos zu versinken: „Get shit done“, anpacken und erledigen. Denn genau so simpel, so einfach ist es. Nur wer Dinge durchzieht, macht was getan werden muss und anpackt, kann sich von dem Gefühl in einem Aufgabenhagel festzustecken befreien. Wer einer endlos anmutenden Flut an Aufgaben gegenübersteht muss sich bewusstwerden, dass nur das Loslegen Abhilfe schaffen kann. Völlig egal welchen Stein man bewegt, man erzeugt eine Bewegung. Und genau darauf kommt es in er Stagnationssituation an.